Die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 Pflichten-bewusst lesen
13.07.2023 Passt nach Belieben: Vergleichen Sie die neue Maschinenverordnung mit der alten Bastion und Institution der Kehrpflicht im Schwabenland oder mit dem Sprichwort «Neue Besen kehren gut». Warum? Für Wirtschaftsakteure sieht die Verordnung über Maschinen und dazugehörige Produkte altbekannte Pflichten vor – aber auch zusätzliche im Vergleich zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG. Ideal daher, wenn Sie die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 Pflichten-bewusst lesen.
Nicht-softe Pflichten in Anhang III
Grundlegende Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen finden Sie jetzt in Anhang III. Alle Pflichten gelten für Maschinen und dazugehörige Produkte und unter bestimmten Bedingungen auch für unvollständige Maschinen.
Ins Auge sticht besonders die Pflicht, Hardware-Bauteile, die Signale oder Daten übertragen, die für den Anschluss oder den Zugriff auf die Software relevant sind, angemessen vor unbeabsichtigter oder vorsätzlicher Korrumpierung zu schützen.
Kurz gesagt: Sie müssen ausreichende Vorkehrungen treffen, um Ihre Maschine gegen Cyberangriffe oder Risiken von Künstlicher Intelligenz zu sichern. Dazu gehört auch: Maschinen müssen Beweise für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in ein Hardware-Bauteil sammeln, wenn es für Anschluss oder Zugriff auf die Software relevant ist. Bedeutende Software und Daten müssen benannt werden. Und weiter: Die Maschine muss die installierte Software, die für den sicheren Betrieb erforderlich ist, kenntlich machen und diese Informationen jederzeit in leicht zugänglicher Form bereitstellen können – und dazu Nachweise für jedes Eingreifen in die Software sammeln. Gleiches gilt für Veränderungen und Konfiguration der Software.
Für Sie als Hersteller oder Einführer nicht nur eine Randnotiz: Gegebenenfalls müssen Sie auf begründeten Antrag den zuständigen nationalen Behörden den in den technischen Unterlagen enthaltenen Quellcode oder Programmierlogik zur Verfügung stellen. Die Behörden müssen überprüfen können, ob Sie die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen aus Anhang III eingehalten haben.
Hinweis: „Quellcode“ bezeichnet die derzeit installierte Version der Software eines in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallenden Produkts, die in einer Programmiersprache so geschrieben ist, dass sie für den Menschen eindeutig und verständlich ist (Art. 3, Nr. 35).
Aus dem gleichen Grund müssen Sie die technischen Unterlagen und die EU-Konformitätserklärung der Maschine mindestens zehn Jahre lang für die Marktüberwachungsbehörden aufbewahren.
Auch Händler sollten sich Anhang III genauer zu Gemüte führen: Solange eine Maschine unter Ihrer Verantwortung steht, müssen Sie sicherstellen, dass Lagerung oder Transport die grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen nach Anhang III nicht beeinträchtigen (vgl. Kap. II und Anhang III).
Pflicht zur Kettenreaktion
Pflichten hinsichtlich der Lieferkette finden Sie, wenn Sie sich den Artikel namens Identifizierung der Wirtschaftsakteure etwas genauer anschauen. Auf Verlangen müssen Wirtschaftsakteure den Marktüberwachungsbehörden benennen können, von wem sie unter die Verordnung fallende Produkte bezogen haben und an wen sie Produkte abgegeben haben. Die entsprechenden Informationen müssen Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler mindestens zehn Jahre lang aufbewahren. Kann also nicht schaden, seine Lieferkette gut unter Kontrolle zu halten (vgl. Art. 19).
Ein Risikoprodukt verpflichtet
Hersteller, Einführer und Händler dürfen nur sichere Maschinen im Sinne der Maschinenverordnung in Betrieb nehmen bzw. in Verkehr bringen oder auf dem Markt bereitstellen. Gibt es Zweifel, müssen sie Maßnahmen ergreifen. Für alle gilt: sie müssen die Marktüberwachungsbehörden informieren, wenn von der Maschine Risiken für die Sicherheit oder Gesundheit von Personen und gegebenenfalls von Haustieren, Sachen oder Umwelt ausgehen. Händler unterrichten zusätzlich den Hersteller oder den Einführer. Hersteller und Einführer müssen ein Risikoprodukt gegebenenfalls vom Markt nehmen oder zurückrufen (vgl. Kap. II).
Pflichtgegner in nationaler Obhut
Gilt die Maschinenverordnung in allen ihren Teilen verbindlich und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, so sieht es bei Sanktionen anders aus. Jeder Mitgliedstaat selbst erlässt Vorschriften, die bei Verstößen der Wirtschaftsakteure gegen die Verordnung verhängt werden. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Schwere Verstöße können auch strafrechtliche Sanktionen zur Folge haben (vgl. Art. 50).
Pflicht (?) zum Weitblick
In jedem Fall sind Sie als betroffener Wirtschaftsakteur gut beraten, wenn Sie umfassend und vorausschauend die Sicherheitsrisiken Ihrer Produkte bewerten – auch im Hinblick auf Cybersicherheit und den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Zur Absicherung Ihres Unternehmens gehören auch: vollständige technische Unterlagen. Diese füllen mehrere Artikel der Verordnung (EU) 2023/1230 – und sind damit auch gesonderte Blogbeiträge wert.
In loser Folge berichten wir in unserem Blog CE Plus weiter über die neue Verordnung (EU) 2023/1230 über Maschinen. Fragen Sie unsere CE-Fachkräfte, wenn Sie Details zur Maschinenverordnung klären möchten.